Was treibt die Vermieterbranche im Jahr 2021 an?
Auswirkungen von COVID-19 auf die Digitalisierung, Umweltaspekte und die Kreislaufwirtschaft
Vermietfirmen boten ihren Kunden bereits vor der Pandemie digitale Leistungen an. Dennoch war es die globale Ausbreitung von Corona, die den Bausektor dazu veranlasste, sich voll in die digitale Welt zu stürzen, so Patrick Stellwag, Strategic Account Manager Rentals bei Ammann.
Stellwag betrachtet die Migration zu digitalen Lösungen als ein revolutionierendes Ereignis für die Branche. „Die Änderungen, die während der Pandemie vollzogen wurden, werden dauerhaft bleiben“, sagt er. „Es muss intensiv in die Verbesserung digitaler Services investiert werden, weil die Erwartungen der Kunden daran steigen. Dies erhöht das Tempo, mit der neue Entwicklungen eingeführt werden.“
Stellwag gibt auch Einblicke in das Entstehen von Building Information Modeling (BIM) und die Rolle, die der Vermietbranche bei der C02-Reduzierung zukommt.
Sind die digitalen Initiativen, auf die Sie sich beziehen, vor COVID oder wegen COVID entstanden?
Die großen Vermietfirmen haben bereits vor der Pandemie viel investiert, um ihre Produkte und Leistungen digital verfügbar zu machen. Das geschah erst in den letzten Jahren und in einigen Fällen sogar schon früher. Allerdings nutzten nur wenige Kunden diese digitalen Angebote voll aus. Dann kam COVID und die ganze Welt wurde digitaler ausgerichtet. Denken Sie an persönliche Erfahrungen, wie z. B. das Bestellen von Lebensmitteln oder Haushaltswaren. Die Verbraucher waren plötzlich offen für kontaktlose Lösungen.
Das war sicherlich auch beim Vermietgeschäft der Fall. Genau wie alle anderen Menschen weltweit waren auch die Kunden der Vermietfirmen besorgt über die Gesundheit und Sicherheit angesichts von COVID-19. Nach nur wenigen Wochen, und verbunden mit einem enormen Aufwand, boten die Vermieter in ihren Depots kontaktlose Prozesse an. Die Kunden begannen, die Möglichkeit kontaktloser Abholung von Mietgeräten zu nutzen, wobei die digitalen Dienste der Vermieter gute Grundlagen boten. Die Kunden haben sich bereits vor COVID in diese Richtung bewegt, nun wirkt das Virus wie ein Katalysator.
Auch die Vermieter hatten zu dieser Zeit die Sicherheit im Blick – nicht nur für ihre Kunden, sondern auch für ihre Mitarbeiter . Die kontaktlose Abholung und Handhabung hatte für sie in mehrfacher Hinsicht Priorität.
Offensichtlich nutzen nun immer mehr Mietkunden die Vorteile des Angebots. Hat das dazu geführt, dass die Vermieter ihre digitalen Angebote erweitern und verbessern?
Ja, obwohl es natürlich je nach Vermieter unterschiedlich gehandhabt wird. Aber als Antwort für die gesamte Branche: Ja.
Zuvor waren die am häufigsten genutzten Tools im Bestellwesen und in der Fakturierung zu finden. Diese waren bereits vor Beginn der Pandemie verfügbar. Das war wichtig, denn die digitale Bestellung ist wichtige Voraussetzung für eine kontaktlose Abholung.
Die Vermieter haben diese Bestellkomponente ausgebaut und bieten nun ein differenzierteres Angebot. „Bestellen“ ist ein sehr weiter Begriff. Dieser Vorgang wurde auf einem sehr einfachen Niveau angeboten. Heute entstehen weitere Optionen innerhalb dieser Kategorie. Die Tools werden viel nutzbringender und auch intuitiver. Das macht sowohl für die Vermieter als auch für den Mietkunden einen positiven Unterschied.
Wie hat sich dieses verbesserte Bestellwesen auf die Vermieter ausgewirkt? Welchen Nutzen hat es für sie?
Die Endanwender reservieren jetzt Maschinen länger im Voraus als früher, was für die Vermieter ein großer Vorteil ist. Endkunden sehen auf der Website oder dem Miet-Tool, dass die gewünschte Maschine ein paar Tage nicht verfügbar ist. Da sie aber bereits auf der Website sind, klicken sie heute schneller auf „Reservieren“ und buchen für einen Zeitpunkt, an dem die Maschine verfügbar ist – und das war‘s.
Warum ein Risiko bei der Verfügbarkeit eingehen, wenn Sie bereits auf der Website sind und mit einem einfachen Klick reservieren können?
Diese Planungsmöglichkeit bedeutet auch, dass Endanwender eine Maschine viel früher als bisher reservieren können. Je länger im Voraus die Kunden eine Maschine bestellen, desto effizienter und kostengünstiger ist der Planungs- und Lieferprozess für den Vermieter.
Auch die Wartung ist davon betroffen. Vermieter können heute die Wartung und Pflege Wochen im Voraus planen. Sie wissen, wann eine Maschine zurückgegeben wird, und können die Wartung entsprechend organisieren. Dadurch wird es wahrscheinlicher, dass auch vorbeugende Wartungsarbeiten durchgeführt werden, was sich auf die Lebensdauer und Verfügbarkeit der Maschinen auswirkt. Dies führt zu einer Verbesserung der Auslastung und geringeren Reparaturkosten.
Viele Endkunden mieten Maschinen für längere Zeiträume. Kann eine digitale Welt helfen, auch diese Vorgänge effizienter zu gestalten?
Ja, und zudem macht es Wartung, Pflege und Logistik besser planbar und maximiert die Auslastung. Ich sage nicht, dass diese Faktoren nicht schon vorher eine Rolle gespielt haben, aber jetzt sehen wir, dass sie viel effektiver und effizienter koordiniert werden – bis zu dem Punkt, an dem sie sich jetzt tatsächlich auf die Auslastung, die Wartung und letztendlich die Rentabilität auswirken.
Die Auslastung ist entscheidend, ebenso die Optimierung der Logistik. Das wichtigste Ziel besteht darin, die Maschinen während ihres Lebenszyklus bestmöglich zu nutzen und den Transport zu optimieren. Dies wirkt sich positiv auf die CO2-Bilanz der Vermietung als Geschäftsmodell aus.
Wie wichtig ist es für den Kunden, eine positive digitale Erfahrung zu machen? Wie wirkt sich das auf die Beziehung zwischen Vermieter und Kunden aus?
Erstens müssen Kunden in der Lage sein, mühelos das zu finden, was sie brauchen. Zweitens müssen Vermieter ihre Versprechen einhalten – sie müssen die Geräte pünktlich und mit allen gewünschten Optionen und Ergänzungen liefern. Und die Maschinen müssen dann produktiv sein.
Was die Produktivität angeht … die richtige Maschine für die Anwendung zu finden ist der Schlüssel dazu. Vermieter haben eine große Anzahl an Produkten, in verschiedenen Größen und mit unterschiedlicher Leistung. Einige Vermieter bieten Online-Tools wie Suchfilter an, die dem Endanwender helfen, die richtige Maschine für die jeweilige Aufgabe, insbesondere in Bezug auf die Leistung, zu finden. Das ist eine deutliche Verbesserung.
Vermieter haben auch Mitarbeiter, die telefonisch Fragen klären können, was die positive Erfahrung mit der Miete von Maschinen fördert. Es geht nicht nur darum, dem Kunden zu helfen, irgendeine Maschine zu finden. Es geht darum, die richtige Maschine für die Aufgabe zu finden. Das ist dann eine sehr gute Erfahrung.
Gute Kunden-Erfahrung ist für die Vermieter sicherlich wertvoll. Dennoch ist der Aufwand für Entwicklung und Pflege der digitalen Tools beträchtlich. Rechtfertigen die Kosten denn wirklich den Aufwand?
Das tun sie. Die Geschäftsvorgänge müssen einfach sein und die Mieter dazu bringen, wiederzukommen, wenn sie eine andere Maschine oder ein anderes Werkzeug benötigen. Investition in zufriedene Kunden lohnt sich immer und das von Anfang an.
Verstärkt werden diese Bemühungen durch Onlinedienste der Hersteller. Ammann bietet ServiceLink an. Dieses Tool liefert Daten, die Kunden am meisten interessieren wie z.B. Maschinenstandort, Batteriespannung und Betriebsstunden. Diese Management-Tools sind besonders hilfreich, um bei Langzeitmieten und der Vermietung von schweren Verdichtungsmaschinen dem Vermieter individuell definierte Daten zur Verfügung zu stellen. Die Möglichkeit, die Mietgeräte mit einer BIM-gesteuerten Baustelle zu verknüpfen, wird immer wichtiger und ist natürlich von Vorteil für Vermieter und ihre Kunden.
Endanwender werden eher dazu neigen, weiterhin zu mieten, anstatt eigene Maschinen zu kaufen, wenn die digitalen Prozesse intuitiv, kompatibel und kostengünstig sind. In solchen Fällen wird der Mietkunde durchaus dafür belohnt, dass er nicht kauft.
Können Sie erklären, wie ein Endanwender dafür belohnt wird, wenn er ein Gerät nicht kauft?
Es geht darum, eine Maschine zu nutzen, nicht darum, ihr Eigentümer zu sein. Die Vermietung ist Teil der Kreislaufwirtschaft. Das Entscheidende an der Kreislaufwirtschaft sind Nutzung und Haltbarkeit. Die Geräte und die für ihre Entwicklung und Herstellung investierte Energie werden effizienter genutzt.
Gegenüber der Miete ist heute in vielen Ländern noch immer der Kauf der Hauptansatz. Aber die Dinge ändern sich. Der Kauf hat viele Nachteile – und diese werden durch die Beschleunigung der digitalen Welt noch verstärkt. Wenn Bauunternehmer eine Maschine kaufen, setzen sie sie nicht immer richtig ein. Nehmen wir an, sie haben einen Bagger, der für eine bestimmte Anwendung eher untermotorisiert ist. Nun, sie sind Eigentümer der Maschine und es ist daher gut möglich, dass sie sie dennoch einsetzen und besonders hart arbeiten lassen. Dies schadet der Produktivität, dem Lebenszyklus und den Gesamtbetriebskosten (TCO) der Maschine.
Es ergeben sich erhebliche Produktivitätsvorteile, wenn eine Maschine richtig auf die Baustelle abgestimmt ist. Diese werden Sie nicht nutzen können, wenn Sie eine Maschine besitzen, die sie mit aller Gewalt an die Gegebenheiten einer Baustelle anpassen möchten. Die richtige Nutzung ist der entscheidende Punkt für eine gute Investitionsrendite. Der Mietkunde hat durch die Anmietung von Geräten eher die Möglichkeit, eine solide Nutzungsstrategie zu verfolgen. Für einen Vermieter ist es sinnvoll, diese Geräte zu kaufen, weil er viele Kunden hat, die diesen Maschinenpark auch auslasten können.
Die Kreislaufwirtschaft hat auch Auswirkungen auf die Umwelt. Eine optimierte Auslastung holt das Beste aus den Rohstoffen und der Energie heraus, die in die Entwicklung der Geräte investiert wurden. Eine weitere Option ist die Wiederaufbereitung am Ende des Lebenszyklus, wodurch die Geräte ein zweites Leben erhalten, was ein enormer Gewinn für die Umwelt ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Mietkunde nicht nur Geld spart, sondern auch die innovativsten und am besten für seine Arbeit geeigneten Geräte nutzen kann. Es geht um Just-in-Time-Logistik, professionellen Support und Service sowie CO2-Einsparung im Alltagsbetrieb, resultierend auch aus dem Einsatz neuerer Maschinen.
Apropos Lebenszyklus: Bietet das Mieten dem Endanwender die Möglichkeit, kontinuierlich auf modernere Geräte zuzugreifen? Es scheint, dass Vermieter ihre Maschinenparks häufiger aktualisieren als Einzelfirmen.
Die Möglichkeit, die neuesten und besten Maschinen zu nutzen, ist sicherlich ein weiterer wichtiger Vorteil der Miete. Wir haben bereits über Anreize gesprochen, die ein großartiges Kundenerlebnis schaffen, und jetzt fügen wir noch die Chance hinzu, die produktivsten, komfortabelsten, technologisch fortschrittlichsten und umweltfreundlichsten Maschinen zu nutzen, die verfügbar sind.
Neue Maschinen bieten definitiv erhebliche „grüne“ Vorteile. Jede neue Generation von Maschinen ist umweltverträglicher. Schlußendlich bedeutet dies, dass die Vermietung zur Verbesserung der C02-Bilanz beiträgt. Dies wird mit der weiteren Umsetzung des Pariser Klimaabkommens noch wichtiger werden. Die Vermieter geben klare Wege an, wie sie jeweils die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen gedenken.
Ökologische Vorteile ergeben sich auch aus der Verwendung der für einen Auftrag richtig dimensionierten Maschine. Der Auslastungsgrad ist besser und die Verwendung der richtigen Ausrüstung für die jeweilige Aufgabe erhöht die Kraftstoffeffizienz und verlängert zudem die Lebensdauer der Maschine. Es gibt kaum einen größeren Vorteil für die Umwelt als die Verlängerung der Lebensdauer von Geräten.
Was erwarten Sie für die nächsten Jahre? Eine weitere Ausweitung des heutigen Geschehens?
Die Hersteller bieten Online-Daten und -Dienste an, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Ammann stellt mit ServiceLink eine solche Lösung bereit.
Ammann ServiceLink ist ein OEM-Telematikportal, das für alle Maschinen im Ammann-Portfolio verfügbar ist, vom kleinen Stampfer ohne Anlasser bis zum großen Straßenfertiger. Dieses Tool kann eine ganze Reihe von Daten wie Standort, Batteriestatus, Betriebsstunden und Kraftstoffverbrauch liefern. Der Zugriff kann über einen Browser (Webanwendung) oder, mit eingeschränkter Funktionalität, über eine mobile App erfolgen. Tools wie Ammann ServiceLink werden von Kunden erwartet. Die Lösungen müssen einfach zu erlernen sowie intuitiv und zuverlässig zu bedienen sein.
Auch diese Tools müssen regulierte Prozesse einhalten. Der gesamte Datentransfer muss nach der Norm ISO 15143-3 2020 erfolgen. Die Daten müssen auch in die individuellen ERP-Systeme der Auftragnehmer übertragbar sein. Diese Lösungen müssen sowohl den Unternehmen als auch ihren Kunden einen zusätzlichen Nutzen bringen.
Bauunternehmen konzentrieren sich immer mehr auf die Online-Anwendungen und die Tools müssen mit ihren gestiegenen Erwartungen mithalten. Das Potenzial im Vermietungsgeschäft ist immens, insbesondere wenn solche Lösungen zum Standard werden.
Letztendlich müssen alle diese Telematiksysteme mit offenen Plattformsystemen von Drittanbietern verbunden werden, in denen die Daten verschiedener Gerätemarken – und verschiedener digitaler Tools – vollständig verwaltet werden können. Die Nutzung solcher offenen Datenplattformen wird der Weg in die Zukunft sein. Wir sind als Branche noch nicht so weit, aber wir bewegen uns in diese Richtung. In Zukunft wird man sich noch mehr auf Daten stützen– und auch mehr Daten austauschen.
Sie haben viel über die Kundenerfahrung in der digitalen Welt gesprochen. Gibt es eine Möglichkeit, diese Erfahrung über die digitalen Angebote hinaus zu verbessern?
Was wir auch beobachten, ist die Auswirkung der Markentreue der Endbenutzer. Wir bei Ammann sehen das aufgrund unseres umfangreichen Produktangebots vielleicht eher, sei es im Bereich der Maschinen oder auch digitalen Angebote.
Endanwender haben unterschiedliche Bedürfnisse, die dennoch vieles gemeinsam haben. Was ich damit meine, ist, dass z. B. eine große Landschaftsbau-Firma viele Maschinen innerhalb einer Produktpalette benötigt. Sie braucht vielleicht einen Stampfer, einen Vibrationsplatte, eine Grabenwalze, einen 7-Tonnen-Walzenzug und dann vielleicht noch einige leichte Tandemwalzen mit Optionen. Es sind unterschiedliche Maschinen, die aber alle auf den diversen Baustellen eingesetzt werden können.
Eine einzige Marke zu haben, die all diese Produkte anbietet, hilft dem Vermieter. Erstens hat er es mit einer überschaubaren Anzahl von Herstellern zu tun. Zweitens entwickeln die Kunden echte Markentreue. Ihre Bediener fühlen sich wohler, wenn sie die verschiedenen Maschinentypen desselben Herstellers nutzen. Die Bedienelemente sind ähnlich, sodass es einfach ist, von einer Maschine zur anderen zu wechseln.
Ein Mietpark-Manager wird auch den konsistenten Service und die reduzierte Ersatzteilbevorratung zu schätzen wissen, die die Konzentration auf eine Marke bietet.